Sein Abenteuer auf der fernen Insel ist beendet, doch die Sage geht weiter. Er muss sich nun der schwersten aller Prüfungen stellen, um zu beweisen, dass er die Feder genauso gut beherrscht wie die Klinge. Doch zwischenzeitlich rief ihn das Schicksal auf eine andere Insel, belagert von untoten Kreaturen und einer intriganten Handelsfamilie. Mehr darüber demnächst...

Freitag, 4. Februar 2011

Ein Quantum Trost (Quantum of Solace) (2008)

Bond: Daniel Craig
Schurke: Mathieu Amalric (Dominic Greene)
Bond-Girls: Olga Kurylenko (Camille), Gemma Arterton (Strawberry Fields)
Wie oft gesehen: 3 Mal


Ich habe da mal eine Frage: Was ist an den Filmen „Die Bourne Verschwörung“ und „Das Bourne Ultimatum“ eigentlich so toll? Diese Frage erscheint im Moment völlig aus dem Zusammenhang gerissen, aber sie ist essentiell für die Bewertung des bislang letzten Abenteuers von James Bond 007. Und zu diesem Zeitpunkt ist nicht ausgeschlossen, dass es wirklich das letzte Abenteuer bleiben wird, denn die Diskussionen zwischen Produzenten und Studiobossen um die Rechte an der Reihe setzt sich immer noch fort.

Der Grund, weshalb ich diese Frage stelle, ist folgender: Fast jede Minute dieses Films, jede Actionszene, sogar die Kameraführung und die Schnitttechnik weisen darauf hin, dass wir es nicht mit einem Bond-Film zu tun haben, sondern mit einem Abklatsch der neueren Bourne-Reihe. Herrje, sie haben sogar einen der Cutter von „Die Bourne Verschwörung“ angeheuert, und die übrige Crew stammt aus Restbeständen von Regisseur Mark Forsters Team, der vor diesem Film noch nie „einen Mainstream-Film“ gedreht hatte (eigene Aussage). Die Produzenten werden sich etwas dabei gedacht haben, und zwar: „Die Bourne-Filme sind groß im Kommen. Also brauchen wir rasante, hektische Schnitte, unübersichtliche Actionszenen, eine Kameraführung mit diesen schrägen Perspektiven, für die Paul Greengrass so berühmt ist, und eine von allen Seiten gejagte Hauptfigur ohne jegliche Skrupel, der alles und jeden töten, was ihm in die Quere kommt.“ Haben sie bekommen. Der Film nennt sich auf deutsch „Ein Quantum Trost“, aber ähnlich wie bei „Stirb Langsam 4.0“ (der eigentlich „Live Free or Die Hard“ heißt) weigere ich mich, den Film bei diesem Namen zu nennen.

Die Produzenten gehen sogar so weit, sich von den alten Filmen zu distanzieren und unbedingt einen eigenen Bourne-Klon zu erschaffen, dass sie alles auf den Kopf stellen. Die Gunbarrel-Sequenz, die vor jeden Bond-Film GEHÖRT, zeigen sie aus unerklärlichen Gründen ganz am Ende. Es gibt weder Gadgets noch Miss Moneypenny, und jeder einzelne Charakter in diesem Film ist grundsätzlich unsympathisch – und das schließt M und Felix Leiter mit ein! Und jede Actionszene ist aus unmöglichen Perspektiven gefilmt und im Schneideraum zu Hackfleisch verarbeitet worden, das mit halbsekündigen Schnitten auf den Zuschauer einprasselt und mit Sicherheit mehrere Epilepsie-Anfälle ausgelöst haben muss. In manchen Szenen, die dem Editor noch nicht hektisch genug waren, hat er noch hektische Schnipsel eingefügt, die mit der Szene überhaupt nichts zu tun hatten (i. e. das Pferderennen bei der Verfolgungsjagd über die Dächer oder die Opern-Schießerei mit den Opern-Szenen dazwischen).

Dementsprechend brauche ich über die Action nichts mehr zu sagen, denn sie ist so verhäckselt, dass man sie gar nicht erkennen kann. Bleiben also noch Handlung und Darsteller. Die Handlung will oberintellektuell rüberkommen, indem sie an den vorherigen Film anknüpft und eine Geheimorganisation namens „Quantum“ einführt (daher auch der bescheuerte Filmname). Diese Organisation will allerdings im Moment nur die Kontrolle über die Trinkwasserreserven in Ländern der Dritten Welt – welchen Nutzen sie sich davon versprechen, außer einer Möglichkeit, Leute zu erpressen, die nichts besitzen, erschließt sich mir auch nicht. Bond will den Tod von Vesper rächen, weshalb er mehr oder weniger auf eigene Faust loszieht und versucht, diese Verschwörer zu entlarven. Da hat es seine eine neue Tischdame Camille schon leichter mit ihrer Motivation: Sie will sich an einem korrupten bolivianischen General für den Mord an ihrer Familie rächen.

Der Film hat einige wenige Vorzüge: Die Ideen für manche der Actionszenen waren gar nicht so schlecht – es gibt Verfolgungen und Schießereien zu Wasser, zu Land und in der Luft (leider nur alle grottig gefilmt). Die Musik von David Arnold ist wieder klasse; um genau zu sein, sie ist besser als der eigentliche Film (das trifft nicht auf den von Alicia Keys und Jack White verbrochenen Titelsong "Another Way to Die" zu - der zweitschlechteste Titelsong der Reihe!). Und im Gegensatz zu „Casino Royale“ hat „Quantum of Solace“ einen richtigen, feurigen Showdown (der allerdings völlig unlogisch und – natürlich – wieder grottig gefilmt ist). Aber das hilft auch nicht gegen die blasse, nichtssagende Besetzung: Mathieu Amalric hat zuwenig Charisma für einen echten Bond-Schurken, Olga Kurylenko ist als Tischdame uninteressant, und Gemma Arterton als andere Tischdame (die ein von „Goldfinger“ inspiriertes, unschönes Ende findet) hat einen viel zu kurzen Auftritt. Daniel Craig kann ich keinen Vorwurf machen, dass der Film nichts taugt – er spielt konsequent seine Rolle, die er sich in „Casino Royale“ schon aufgebaut hatte, und in einem richtigen Bond-Film würde er wahrscheinlich auch eine gute Figur damit machen.

Ich habe diesen Film schon oft als Beispiel dafür genommen, was mit dem Actionkino des 21. Jahrhunderts nicht stimmt. Anscheinend glauben die Produzenten, die Menschen brauchen unbedingt Hektik und Aufregung in einem Actionfilm – und das erklärt dann die Bourne-Filme, „Quantum of Solace“, „Star Trek 11“ und ungefähr die Hälfte der neueren Tony-Scott-Werke. Meine Frage steht immer noch: Warum? Was habt ihr davon, wenn ihr nicht erkennen könnt, was eigentlich passiert, und euch nach zehn Minuten Dauerbeschuss durch Sekundenbruchteile von Actionszenen die Birne schwirren und ihr kotzen müsstet? Gilt das heutzutage als cool? Für junge Filmemacher, die sich Tony Scott und Paul Greengrass zum Vorbild nehmen, anscheinend schon.

„Quantum of Solace“ ist kein Bond-Film. Auch wenn er die offizielle Lizenz hat; was die Produzenten damit angestellt haben und was sie alles versucht haben, um die Reihe an sich zu reißen und zu ruinieren, hat diesen Film so weit von der ursprünglichen Reihe wegbefördert, dass eigentlich jeder Fan der Reihe das Recht haben müsste, diese Idioten für Copyright-Verletzung zu verklagen. Michael G. Wilson und Barbara Broccoli waren so lange dabei – was haben sie sich nur dabei gedacht? Ich weiß jedenfalls, was ich mir denke: Ich streiche diesen Film aus meinem Gedächtnis, so gut ich kann. Und betrachte die Ankündigungen von Bond Nr. 23, sollte er denn wirklich kommen, mit gesunder Skepsis.

2/10 Punkte

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