Sein Abenteuer auf der fernen Insel ist beendet, doch die Sage geht weiter. Er muss sich nun der schwersten aller Prüfungen stellen, um zu beweisen, dass er die Feder genauso gut beherrscht wie die Klinge. Doch zwischenzeitlich rief ihn das Schicksal auf eine andere Insel, belagert von untoten Kreaturen und einer intriganten Handelsfamilie. Mehr darüber demnächst...

Montag, 1. November 2010

Double Review: "Scott Pilgrim vs the World" und "R. E. D." (beide 2010)

Moin!

Der Monat ist wieder um, es wird Zeit für ein paar mehr oder minder geistreiche Filmkritiken von mir. Das Sommerloch ist auch um, dementsprechend können wir wieder die Zeit der verregneten Kinotage erwarten. Womit auch die Macher von Kinofilmen rechnen und sich normalerweise ihre besten Werke für diesen Zeitraum aufsparen. Na ja, zumindest war es vor einigen Jahren noch so - heutzutage kann man nie wissen, wann wirklich mal was Gutes im Kino kommt.

Dieses Mal hatten wir Glück: Gleich zwei echte Kracher haben hier den Weg ins Kino gefunden - und ich rede nicht von "Machete", der nebenbei bemerkt auch ein echter Partyfilm ist. Nein, heute bleiben wir mal lieber im FSK 12-14 Bereich mit den beiden in der Überschrift erwähnten Filmen. Einer handelt von den Tücken jugendlicher Liebe und Eifersucht, der andere ist eine Auseinandersetzung mit dem Älterwerden gemischt mit politischen Hintergründen und leichter Kritik am Überwachungsstaat Amerika.


Zuerst einmal widmen wir uns "Scott Pilgrim vs the World" von Edgar Wright, dem Schöpfer der beiden Klassiker "Shaun of the Dead" und "Hot Fuzz".

Wright gehört definitiv zu der Sorte Filmemacher, denen es schwer fällt, ein Thema wirklich ernst zu nehmen. Das ist eine Eigenschaft, für den man ihn aber einfach lieben muss. Mit "Shaun of the Dead" hat er einen Zombiefilm gedreht, der neben dem genretypischen Splatter auch hinreißende Ideen und Humor mitbringt, und "Hot Fuzz" ist trotz meiner Affinität zu 80er-Jahre-Buddy-Movies, die dort nach Strich und Faden vergackeiert werden, einer meiner absoluten Lieblingsfilme - oder auch gerade genau deswegen. Im Übrigen sieht seine IMDB-Liste eher mager aus, somit ist "Scott Pilgrim" sein erster großer Film seit "Hot Fuzz". Und dieses Mal spielt er nicht einmal in England, und der Hauptdarsteller ist nicht Simon Pegg (ja, ihr mögt ihn als Scotty aus dem neuen Star Trek kennen - für mich der einzige Lichtblick in dem Drecksfilm!).

Ja, aber: Wer spielt mit? Und worum gehts da? Beides ist schnell erzählt: Hauptdarsteller ist Michael Cera, ein junger, recht sympathischer Schauspieler, dessen Rollenauswahl ihn allerdings in die "schüchterner Verlierer" Schublade einordnen würde. Bekannt dürfte er seit "Juno" oder "Year One" sein, aber ich kenne ihn noch aus der Zeit bei der Serie "Arrested Development". Ihm zur Seite steht Mary Elizabeth Winstead - für Fans des Mainstream-Kinos: "Final Destination 3" und "Stirb Langsam 4.0" (Filmtochter von Bruce Willis). Im Grunde geht es darum, was ich schon angedeutet habe: Cera will bei Winstead landen - es ist ein Liebesfilm. Beide sind Anfang bis Mitte Zwanzig, also quasi jugendlich. Und im Weg ihrer Liebe stehen eifersüchtige Ex-Freunde (nein, Ex-Lover - ganz wichtig!) von Winstead. Der Eifersuchts-Teil ist auch erfüllt.

Hier endet die Reihe der "normalen" Elemente des Films. Denn anstatt dass es zu friedlichen Aussprachen mit den insgesamt sieben Ex-Lovern kommt oder zu einer zünftigen Prügelei im Hinterhof - moment, lasst es mich anders formulieren. Erinnert ihr euch an Mortal Combat? Oder Streetfighter? Der Film ist genauso. Und zwar nicht wie die Filme - wie die SPIELE!!! Um bei seiner Traumfrau zu landen, muss sich Cera nämlich durch die Reihen der Ex-Lover kämpfen, die sich allesamt zu irrsinnigen, visuell völlig durchgedrehten Duellen auf Leben und Tod stellen. Und während Cera sich abseits dieser Duelle eher schüchtern und zurückhaltend gibt, in den Kampfszenen dreht er richtig auf! Muss er auch - zu seinen Gegnern zählen "Superman" Brandon Routh und "Fantastic Four" Chris Evans (ich erwähnte den mal in meiner "Push"-Review...)

Ganz ehrlich, es ist eigentlich unbeschreiblich, was in diesem Film abgeht: Aufgesetzt wie ein typisches Videospiel aus dem Arcade-Zeitalter (vor allem die Prügelspiele) schlägt sich Cera durch Einzelkämpfe a la "Mortal Combat", kriegt dabei Punkte gutgeschrieben, steigt Level auf - das alles in teils Comicstil, teils Videospiel-Elementen eingeblendet. Nebenbei sorgen seine privaten Probleme (wenn man die so nennen kann) für abgedrehte Wendungen und biestige Kommentare seitens der übrigen weiblichen Besetzung. Aber das ist vollkommen egal - wenn er seine Konkurrenz zerlegt, wird nur noch gefeiert. Eine ganze Latte verschiedenster Anspielungen auf Video- und Comickultur runden das Szenario noch ab, und selbst wenn der Film schon am Ende zu sein scheint - ein Hammer folgt immer noch.

Damals bei "Hot Fuzz" lag ich lachend unterm Sofa, als ich sah, wie sie in der letzten halben Stunde vollkommen ausrasteten und ein halbes englisches Dorf zerballerten. Diese halbe Stunde aus "Hot Fuzz" haben sie mental auf den ganzen Film ausgeweitet. Wer auf Realismus steht, wird diesen Film hassen. Wer ruhige Liebesdramen erwartet, wird entsetzt aus dem Kino rennen. Wer aber was Verrücktes und zum Schreien Komisches sehen will, mit Action nahe dem "Final Fantasy VII" Film und dem Gefühl der guten alten Beat 'em Ups von den Spieleautomaten - der kommt an diesem Streifen nicht vorbei.

"Scott Pilgrim vs. the World" - für mich der ultimative Liebesfilm! Denn hier geht die Post ab!

10/10 Punkte



Der Film stellte mich allerdings auch vor ein Dilemma: Für jeden anderen Film wüsste ich mindestens einen Film, der dazu passt und den man sich im Anschluss prima angucken könnte. Nicht für diesen! Es gibt nichts Vergleichbares, weder damals noch heute, was auch nur ansatzweise in ein Double Feature passen würde. Oder anders ausgedrückt: Ich empfinde "Shoot 'em Up" als stilles Drama, verglichen mit diesem Streifen.

Aber da wir sonst nix Besseres zu tun hatten, schauten mein Vater und ich einen Altherrenfilm an: "R.E.D."

Zur Erklärung: "R.E.D." steht für "Retired - Extremely Dangerous". Dieser Begriff wird zumindest im gleichnamigen Film für Ex-CIA-Agenten im Ruhestand verwendet, die eigentlich zu alt sind, um noch reihenweise Leute umzulegen. Damit sind Leute wie Morgan Freeman (jetzt fragt mich nicht, wer das ist - jeder Kinogänger kennt ihn!), John Malkovich ("Con Air" - ja, ich weiß, er hat bessere Filme gemacht) und Helen Mirren ("Teaching Mrs. Tingle" - und weil ihr es seid: "Die Queen"). Ach, und natürlich den Kerl aller Kerle: Bruce Willis. Und er wird langsam echt zu alt für den Sch***!

Es beginnt in der Vorweihnachtszeit, wo Willis aus dem Haus tritt, die Dekoration seiner Nachbarn sieht und sich denkt, von Flughäfen und Hochhäusern sollte er sich doch lieber fernhalten. Sein Leben als alter Mann ist recht ereignislos - er zieht eine Avocado hoch, telefoniert mit seiner Sozialarbeiterin, in die er ein bisschen verschossen ist, bringt ein Dutzend Killer mit automatischen Waffen um - das Übliche halt. Nur das mit den Killern passiert nicht mehr so oft.

Also gabelt er seine Sozialarbeiterin auf, denn es liegt ihm etwas an ihr und er will nicht, dass ihr etwas passiert. Da er aber vermutet, dass hinter der Umgestaltung seiner Hauses und dem Killerkommando wohl sein alter Arbeitgeber, die CIA, steckt, muss sie eben auch aus der Schusslinie. (Sie sieht das nicht so, aber dafür gibt es ja Klebeband.) Ein Möchtegern-CIA-Yuppie mit geringen moralischen Ambitionen kriegt den Auftrag, seinen Ruhestand etwas zu vertiefen, und heftet sich an seine Fersen. Worauf Willis nichts weiter bleibt, als seine alte Truppe von damals zu reaktivieren: Morgan Freeman, John Malkovich und Helen Mirren.

Also dieser Film ist kein Thriller. Es geht nicht darum, wer jetzt was macht und um was es überhaupt geht. Das ist nur der Aufhänger für Witz und Geballer. Und ich meine Geballer. Die Altleute-Riege hält nicht viel von Heimlichkeit wie "Mission Impossible" oder die Bourne-Filme - hier wird mit Blei um sich geschmissen, als würde das Zeug nix kosten. Und alle haben einen Heidenspaß dabei - alleine die Dame Helen Mirren, nach ihrem Portrait als Queen Elizabeth, gibt einem das Gefühl, sie hätte wirklich mal für den MI6 Leute umgenietet. Aber das absolute Highlight des Films ist John Malkovich - der ist jenseits aller Zurechnungsfähigkeit, eine Art altgewordener "A-Team"-Murdoc. Und: Das Schwein! Achtet auf das Schwein!

Der Witz an dem ganzen Film ist natürlich, dass die Hauptdarsteller wirklich viel zu alt für den Kram sind. Willis macht das, was ihn vor 25 Jahren berühmt gemacht hat; die übrigen Darsteller helfen ihm nach Kräften. Es ist altmodische Action mit heftigem Augenzwinkern, einer James-Bond-Version von "The Expendables" nicht unähnlich. Nur hier ist immer noch der Kontrast zu den jungen Leuten - zynischen, karrieregeilen Leuten wie Haupt-Gegenspieler Karl Urban ("Herr der Ringe", "Doom", "Bourne-Verschwörung"). Die würden sich wohl auch eher einen bis ins kleinste Detail ausgearbeiteten Plan für den großen Schachzug der Heldengruppe vorstellen - dementsprechend gucken sie auch verdutzt aus der Wäsche, als Queen Mirren mit einer überaus großkalibrigen stationären Maschinenkanone in einem Parkhaus Autos zersiebt.

Einen Wermutstropfen hat dieser Film allerdings: Wer Morgan Freeman kennt und mag, sollte von seiner Rolle nicht allzu viel erwarten. Und das Finale erinnert in seiner Machart und seiner Idee an den Showdown aus "Stirb Langsam 4.0", welcher nach der anderthalbstündigen Actionorgie auch ziemlich unspektakulär endet. Wahrscheinlich alles Absicht, aber ich bin kein großer Fan von minimalistischen Showdowns.

"R.E.D." ist eine moderne Actionkomödie mit einer Liste von Hauptdarstellern, die wie in Actionfilmen der alten Schule agieren und ihr eigenes Alter auf die Schippe nehmen. Der Witz stimmt punktgenau, die Action ist klasse, die Charaktere (zumindest auf guter Seite) sind liebenswert. Ein Film für Jung und Alt. Quasi für die Mittelalten.


9/10 Punkte