Sein Abenteuer auf der fernen Insel ist beendet, doch die Sage geht weiter. Er muss sich nun der schwersten aller Prüfungen stellen, um zu beweisen, dass er die Feder genauso gut beherrscht wie die Klinge. Doch zwischenzeitlich rief ihn das Schicksal auf eine andere Insel, belagert von untoten Kreaturen und einer intriganten Handelsfamilie. Mehr darüber demnächst...

Samstag, 18. Dezember 2010

Review: "Unstoppable" (2010)

Katastrophenfilme... oh Mann... ich kann die Dinger eigentlich nicht leiden. Seit "Flammendes Inferno" in den Siebzigern gab es immer wieder diese durch irgendwelche Katastrophen unterbrochenen Seifenopern mit Charakteren, die 1. mehr Klischees haben als ein US-Army-Werbespot im Kalten Krieg und 2. mich grundsätzlich nicht die Bohne interessieren. Vor allem nicht, wie sie ihre kleinen nichtigen Probleme auf die Reihe kriegen, während um sie herum gerade die Welt auseinanderbricht. Beispiele: "Erdbeben" (mit Charlton Heston - gegen den darf ich nichts Schlechtes sagen, sonst haut mich meine Mutter), "Dante's Peak" (mit Pierce Brosnan, und ich fand "Volcano" entschieden besser), sämtliche "Airport"-Filme (über die ich auch nichts sagen brauche, seitdem ZAZ (Zucker, Abrahams, Zucker) "Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug" gedreht haben) sowie Emmerichs neuester Blockbuster "2012" (vor "Day After Tomorrow" habe ich mich bis heute drücken können...). Und im Grunde kann man "The Mist" auch noch dazuzählen.

Und jetzt kommt das große Problem eines Katastrophenfilms, der sich aber geschickt als Actionfilm tarnt und auch von einem Regisseur gedreht wurde, der bislang eher in der Action- bzw. Thrillersparte gearbeitet hat. Ihr kennt ihn alle, den Schnittberserker Tony Scott. Früher einer der Gründe, weshalb die Paramount-Studios so in Geldnot gerieten (nachdem "Tage des Donners" ein grandioser Flop wurde), heute wohl einer der Gründe, warum die MTV-verseuchte Zuschauerschaft auf Schnitte im Viertelsekundentakt und verwackelte Handkameras stehen. Er macht zwar auch noch handwerklich solide Filme (jedenfalls habe ich "Deja Vu" und "Pelham 123" so empfunden), aber Filme wie "Man on Fire" oder "Domino" kann man als normaler Zuschauer nicht ansehen. Wirklich, man wird blind von und muss kotzen! Filmgewordenes Methanol, kann man da sagen.


Also, ist sein neuer Film "Unstoppable" jetzt eher Methanol oder Ethanol? Berauscht er die Sinne und gibt einem ein gutes Gefühl, bis man nüchtern wird, oder hat er starke Nebenwirkungen?

Na ja, am Anfang sieht man eine Menge Eisenbahn. Und auch später. Eigentlich während des ganzen Films. Mein Vater, ein Fan von Eisenbahn, kam voll auf seine Kosten, aber jeder, der nicht das geringste Interesse an Zügen hat, wird den Film wohl ziemlich langweilig finden. Aber zurück zur Story: Der ganze Ärger fängt an, als ein Rangierer irgendwo auf dem Abstellgleis mit einem riesigen Güterzug herumspielt und nicht EINEN, nicht ZWEI, sondern gleich DREI Fehler macht, für die man sich echt an die Stirn greifen möchte! (Jeder dürfte sich fragen, wie man soooooo blöd sein kann, aber ich erkannte den Typen - es ist der minderbemittelte Bruder von Earl Hickey aus "My Name is Earl".) Die Folge: Ein immer weiter beschleunigender Güterzug, dessen Bremsen nicht angeschlossen sind, in dessen Führerhaus keiner sitzt und der so viel Ladung hat, dass ihn alleine von Masse und Geschwindigkeit her keiner aufhalten kann.

Aber davon erst einmal genug. Die Leute in der Kommandozentrale (wie bei "Armageddon" sitzen sie nur ohnmächtig da, gucken auf Bildschirme, brüllen in Funkgeräte und beten, das nichts Größeres schief geht) haben sich für diesen Tag auf den Besuch einer Schulklasse vorbereitet. Diese Schulklasse fährt mit dem Zug, der sich dann auf Kollisionskurs mit dem amokfahrenden Güterzug befindet. Um die Dramatik zu erhöhen, wird alle zehn Sekunden (gefühlt) diese Schulklasse gezeigt. Nach dem dritten Schnitt dahin wünscht man sich fast das Unglück herbei!

Ach, ich vergesse ja die beiden Hauptdarsteller! Kann leicht passieren, denn während die Katastrophe in Richtung besiedelte Gebiete unterwegs ist, gondeln die in aller Gemütsruhe auf einem anderen Gleis. Wenn ich vorstellen dürfte: Denzel Washington (neuerdings in fast jedem Tony-Scott-Film dabei, kommt auch nicht unbedingt aus jedem lebend raus) als "Veteran der Eisenbahnlinie", ein Zugtechniker, der seit 28 Jahren dabei ist; Witwer mit zwei fast erwachsenen Töchtern, hat zudem schon von seiner Zwangspensionierung erfahren, die in 18 Tagen in Kraft tritt. Hat quasi noch zwei Tage bis zur Pensionierung und trägt bestimmt irgendwo ein rotes Hemd drunter. Und Chris Pine: Ehemals Captain Kirk im schlechtesten Star-Trek-Film aller Zeiten, heute ein junger aufstrebender Lokführer in der Probezeit, zudem halb geschieden und bei seinem Bruder nächtigend, solange die einstweilige Verfügung ihn von seiner Familie fernhält - ich glaube, ihr versteht schon, worum es hier geht. Die Zeiten haben sich geändert, aber nicht die Anzahl der Klischees. Diese beiden sind die einzigen Leute in dem Film, denen die Screentime es erlaubt, einen Hintergrund zu haben, aber ihre Lebensgeschichte stammt aus dem Setzbaukasten für Katastrophenfilme. Aber wir erfahren quasi alles Mögliche über sie - weil sie alle Zeit der Welt haben und von der eigentlichen Handlung bis zur zweiten Hälfte des Films NICHTS MITKRIEGEN!

Stattdessen die Schnitte zur Kommandozentrale und zu Ned, dem einzigen wirklich coolen Charakter im Film (also meiner Meinung nach, weil er lange Haare hat, einen Pickup fährt und die Synchronstimme von Biff aus "Zurück in die Zukunft" hat). Sie versuchen, zu retten, was zu retten ist - allerdings wollen die Leute in der Kommandozentrale, die um das Leben der vielen potentiellen Opfer besorgt sind, den Zug an ungefährlicher Stelle entgleisen lassen; die Machthaber in der Firmenzentrale hingegen haben andere Sorgen: "Wie wird sich unsere Aktie entwickeln, wenn der Zug zerstört wird?" "Minus 40 Prozent." Ist gebongt, wir starten einen halsbrecherischen Versuch mit einem Kriegshelden aus Afghanistan und einer Lok mit einem weiteren Veteranen der Eisenbahn als Lokführer, der wahrscheinlich auch nur zwei Tage bis zur Pensionierung hat...

Hier will ich mit den Spoilern mal lieber aufhören, aber jeder, der genug Katastrophenfilme gesehen hat, weiß ungefähr, wie der Hase läuft. Die Situation spitzt sich immer mehr zu, dann greifen irgendwann die Helden ein, geraten in ein paar auswegslose Situationen, schaffen es am Ende aber doch... Oder? Schaffen sie es denn alle? Tja, wenn ihr den Film noch sehen wollt, verrate ich davon lieber nichts. Und ich muss zugeben: Abgesehen von den Waggonladungen Klischees aus Katastrophenfilmen ist "Unstoppable" ziemlich spannend. Zwar nicht immer plausibel (wenn man den Kritiken der ausgerasteten Zugtechniker bei IMDB glauben darf, die diesen Film für hanebüchenen Unsinn halten), teilweise auch arg überdramatisiert (im Speziellen diese unnötigen Schnitte zu diesen absolut nervigen Schulkindern), aber spannend und für einen Katastrophenfilm gnädigerweise sehr kurz.

Im Grunde ist "Unstoppable" ein Katastrophenfilm mit hohem Actionanteil, der sich vornehmlich an Eisenbahnfans und Fans der beiden Hauptdarsteller richtet. Aber im Grunde ist es immer das Gleiche, wie schon vor bald vierzig Jahren: Der kleine Mann korrigiert den Fehler, den ein großer Idiot verursacht und den machtgierige große Männer zu ignorieren versuchen. Die Nebencharaktere haben keine nennenswerte Persönlichkeit, die dramatischen Szenen sind aufgesetzt, unnötige Nebenszenen stören den Fluss des Films und... Tony Scott, begreife endlich, dass nich jeder deiner Zuschauer unter ADS leidet wie du! Der Film ist spannend, das muss man ihm lassen. Wenn man einmal vergessen kann, dass er nur auf eine Art und Weise ausgehen kann, ist er spannend. Aber einmal sehen reicht völlig.


6/10 Punkte