Sein Abenteuer auf der fernen Insel ist beendet, doch die Sage geht weiter. Er muss sich nun der schwersten aller Prüfungen stellen, um zu beweisen, dass er die Feder genauso gut beherrscht wie die Klinge. Doch zwischenzeitlich rief ihn das Schicksal auf eine andere Insel, belagert von untoten Kreaturen und einer intriganten Handelsfamilie. Mehr darüber demnächst...

Samstag, 21. November 2015

Review: "Spectre" (2015)

Es gehört schon einiges dazu, meinen Blog aus dem vorzeitigen Ruhestand zu holen. Da ich aber bereits 23 James-Bond-Filme hier besprochen habe und der 24. Film heutzutage in aller Munde ist - besonders in Hinblick auf die weit gefächterten Kritiken - ist es nur fair, wenn ich zu Ende bringe, was ich mal angefangen habe. Vor allem, da meine Meinung manche meiner Leser überraschen dürfte. Ich bin selbst fast überrascht...


Der Plot

Nach einer - mehr oder weniger - geglückten Mission in Mexiko City, bei der einiges an Flurschaden entstand, kommt James Bond (Daniel Craig) auf die Spur einer mysteriösen Organisation namens "Spectre" (Special Executive for Counter-Espionage, Terrorism, Revenge and Extortion). Als er dieser Organisation auf die Spur kommt, trifft er jemanden aus seiner Vergangenheit. Gleichzeitig versucht M (Ralph Fiennes), die Auflösung der 00-Abteilung zu verhindern, nachdem ein ehrgeiziger Bürokrat (Andrew Scott) versucht, den Geheimdienstapparat durch ein Überwachungssystem aus Drohnen und anderem Hightech zu ersetzen.


Die Darsteller

Die Leute mögen von Daniel Craig halten, was sie wollen - ich hatte nie Probleme mit ihm als James Bond. Und dieser Film zeigt auch exakt, warum. Hier darf er endlich den lässigen, abgebrühten Geheimagenten spielen, der er immer sein sollte - binnen einer Sekunde vom charmanten Frauenheld zu einem eiskalten Killer zu werden, und dabei noch einen kernigen Spruch abzulassen, so habe ich mir das vorgestellt. Dieser Bond-Film soll allerdings auch sehr viele persönliche Seiten von Bond aufzeigen, also seinem Charakter mehr Tiefe verleihen. Und im Vergleich zu "Skyfall", wo Bond nur noch ein totales Wrack ist, schafft dieser Film es, ohne ihn gleich zum Weichei werden zu lassen. Umso überraschender ist dann die eine, die einzige Szene, in der Bond tatsächlich mal die Fassung verliert.

Der zweite Name, über den Leute überall reden, ist Christoph Waltz. Ja, er spielt den Oberbösewicht, und auch wenn es schon im Internet mehrfach gesagt wurde, ich nehme keine Stellung dazu, ob er tatsächlich den Typen mit der Katze spielt. Viele Leute haben sich allerdings darüber beschwert, dass er gegen Anfang des Films einmal kurz auftaucht und dann für ca. 1 Stunde nicht mehr zu sehen ist. Ja, er spielt wieder hervorragend, und sein Auftritt erinnert mich frappierend an die letzte Rolle, in der er seinen Oscar bekommen hat ("Django Unchained"). Aber wenn man sich die Historie der Bond-Filme ansieht, gerade die frühen Connery-Filme, dann dürfte auffallen, dass dies schon in vielen Bond-Filmen der Fall war. Dr. No im allerersten Bond trat sogar erst ganz zum Schluss in Erscheinung. Und Blofeld in einem meiner Lieblingsfilme "Man lebt nur zweimal" wurde auch erst zum Schluss enthüllt. Ein guter Bond-Oberschurke, der im Hintergrund die Fäden zieht, muss nicht ständig im Rampenlicht stehen!

Die unterstützenden Darsteller sind auch durch die Bank gut, wobei ich bei Monica Bellucci doch sehr froh war, dass ihr Auftritt entsprechend kurz ist. Die hauptsächliche Tischdame wird gespielt von Lea Seydoux (wem?), und trotz der starken Persönlichkeit und ihrem Hintergrund muss sie am Ende doch von Bond gerettet werden. Ben Whishaw spielt Q in einer deutlich ausgeweiteten Rolle, im Vergleich zum letzten Film, und trägt mit seinem Humor auch sehr zur positiven Stimmung des Films bei. Naomie Harris hat ihre Rolle als Moneypenny wieder, und im Vergleich zu anderen Filmen schmachtet sie Bond nicht ständig an - tatsächlich liegt schon ein Kerl bei ihr zu Hause im Bett. Andrew Scott als hinterlistiger Geheimdienst-Bürokrat ist eine Idealbesetzung, wobei mich seit seiner Rolle als Moriarty in der "Sherlock"-Serie das nicht mehr überraschen sollte. Und Ralph Fiennes, der nun offiziell als "M" unterwegs ist, darf auch außerhalb seines Büros zeigen, dass man sich mit ihm lieber nicht anlegen sollte.

Was mich unheimlich gefreut hat, schon vor der Veröffentlichung des Films, ist, dass sie wieder einen erstklassigen Handlanger eingesetzt haben: Dave Bautista, auch bekannt als Drax the Destroyer aus "Guardians of the Galaxy", spielt den großen, breiten, unangenehmen Mr. Hinx (allerdings wird sein Name im Film nie erwähnt). Er ist stark, nahezu unaufhaltsam, hat eine ziemlich widerwärtige Tötungsmethode und macht nicht viel Konversation. Wenn er auftauchte, wusste ich, dass hier keine Langeweile entsteht.


 Die Stärken

Es ist so schön zu sehen, dass alle Beteiligten seit dem letzten Film dazugelernt haben. Das fängt schon mal bei der berühmten Gunbarrel-Sequenz an, die nun wieder am Anfang des Films auftaucht. Die erste Szene ist dann ein langer, in einem Rutsch gedrehter Weg von James Bond über ein Hotelzimmer mit einer mexikanischen Schönheit, die er aber über den Balkon wieder verlässt, um mit einem Gewehr seine Mission zwei Häuser weiter zu erfüllen. Die ganze Szene enthält nicht viele Dialoge, aber erstklassige Stunts, eine aufregende Verfolgungsjagd, ein komplett demoliertes Gebäude und ein Kampf in und auf einem fliegenden Hubschrauber - nicht zwangsläufig in dieser Reihenfolge. Und selbst Thomas Newman, der Komponist, hat sich gebessert und reagiert mit der Musik nun auch auf packende Actionszenen - in mehreren Szenen im Film fiel mir die Filmmusik sehr positiv auf, was im letzten Film überhaupt nicht der Fall war.

Apropos Musik: Zum ersten Mal seit Ewigkeiten mag ich den Titelsong. Ich kann verstehen, wenn manche Leute mit der weinerlichen Gesangsart von Sam Smith Probleme haben, aber sein Song "Writing's on the Wall" ist düster, langsam, passt hervorragend zur Stimmung des Films und hat eine typische Bond-Film-Melodieführung. Einziger Nachteil: Es ist einfurchtbarer Ohrwurm... Sehr schön auch zu sehen, wie Daniel Kleinman wieder einen erstklassigen Vorspann entworfen hat - ein wirklich würdiger Nachfolger von Maurice Binder.

Nun aber genug von dem Geschwafel, kommen wir zum Wesentlichen: Hier kracht es. Gewaltig. Es gibt einige gewaltige Actionszenen, darunter mehrere Verfolgungsjagden, eine Schießerei im Hauptquartier der Bösen und eine Kampfszene im Zug, die manchen Leuten doch sehr bekannt vorkommen dürfte. Nur, dass sie sich hier nicht auf ein einziges lausiges Abteil beschränken, sondern im Verlauf den gesamten Restaurant-Waggon auseinander nehmen. Lustigerweise kommen diese Actionszenen fast immer, wenn man denkt, dass der Film jetzt langsam langweilig wird. Gerade die Kampfszene im Zug unterbricht genau zum richtigen Zeitpunkt ein romantisches Gespräch zwischen Bond und seiner Begleiterin, bei der ich kurz davor war, aufs Klo zu gehen... Danke, Dave Bautista!

Und zweiter wichtiger Teil: der Humor. Der kam in den letzten Filmen irgendwie immer zu kurz. Aber hier jagt ein launiger Spruch den anderen, und die meisten kommen diesmal von Bond selber. Aber auch Q bringt einige witzige Sprüche, besonders in seiner ersten Szene, in der Bond wie in alten Zeiten ausgerüstet wird. Und dass man bei Christoph Waltz glaubt, er nimmt keine seiner Rollen wirklich ernst, ist schon seit „Green Hornet“ gang und gebe.


Die Schwächen

Dieses Mal ist die Rubrik rein objektiv gesehen, denn ich persönlich habe nur winzige Probleme mit dem eigentlichen Film. Im Grunde sind es Banalitäten: Obwohl die Gunbarrel-Sequenz endlich wieder am Anfang steht, vermasseln sie es doch wieder, indem sie den völlig unnötigen Titel "Die Toten leben" bringen, bevor die Szene zum eigentlichen Schauplatz aufblendet. Dann erlaubte sich Thomas Newman gerade in der Helikopter-Szene einen muiskalischen Missgriff mit einem Soundeffekt, den ich eigentlich aus "Die Besucher" zu kennen glaube, der aber hier absolut nichts verloren hat. Dass viele der Szenen viel zu dunkel waren, lag wahrscheinlich eher an der Qualität meiner Version...

Ich glaube aber, ich kann für mehrere Leute sprechen, wenn ich folgende Kritikpunkte angehe: Der Film hat Längen. Und zwar keine wirklichen Durststrecken, in denen man einfach nur noch hofft, dass irgendwas Aufregendes passiert (jedenfalls bis auf die Zugszene), aber viele der Szenen sind einfach deutlich zu lang, und manche Schnitte sind wohl einfach der Kunst willen im fertigen Film gelandet. An manchen Punkten dachte ich: Ja, so kann man auch einen Film auf 2 1/2 Stunden bringen. Jetzt weiß ich auch, warum Nicholas Winding Refn, der Regisseur von "Drive", als Regisseur hierfür im Gespräch war. 

Und obwohl mich eigentlich herzlich wenig interessiert, wie die Tischdame in den Film eingebunden und mit Bond zusammengebracht wird, die Rolle von Lea Seydoux scheint mir nicht richtig durchdacht. Zuerst hasst sie ihn, will nichts mit ihm zu tun haben, aber zwei Actionszenen später schlafen sie miteinander, und jetzt bedeutet sie ihm mehr als früher Vesper Lynd aus "Casino Royale"? Bisschen gehetzt das Ganze, oder? Aber immerhin, die Frau kann auf sich aufpassen, jedenfalls besser als das Mädel aus "Hauch des Todes", von dem dieser Film übrigens ziemlich viel übernimmt.

Eine Kleinigkeit noch: Ich mag es ja, wenn die Basis des Bösen effektvoll in die Luft fliegt. Aber so ganz ohne triftigen Grund?


Die Streitpunkte

Normalerweise würde ich hier den größten Spaßfaktor oder das größte Problem mit dem Film schildern, aber das haben im Grunde schon andere getan. Mich hat man auch mehrfach vor diesem Film gewarnt, und ich habe mehrere Kritiken gelesen und im Internet gesehen. Doch was ist meiner Meinung nach tatsächlich dran?

Der Film kommt in der Mitte aprupt zum Halt.
Nein, tut er nicht. Klar, die Sache mit Mr. Hinx wird überraschend früh abgehandelt, und der Film verliert in Sachen Action ein wenig an Tempo. Aber das liegt an der Dynamik zwischen Craig und Waltz, da sich das Ganze bei ihnen auf psycholigscher Ebene abspielt. Außerdem haben die Actionszenen ein perfektes Timing, sodass der Film trotz seiner Längen nie wirklich langweilig wird. Jeder James-Bond-Film hat mal zwischendurch ruhigere Passagen. Besonders Goldfinger, und der wird ja bei allen Fans hoch geschätzt. (Na ja, außer von mir)
Sam Mendes inszeniert die Actionszenen lustlos.
Wisst ihr, was eine lustlos inszenierte Actionszene ist? Die Verfolgungsjagden in "Feuerball", zum Beispiel. Die letzte Kampfszene in "Stirb an einem anderen Tag". Das Ende von "Casino Royale". Hier stimmt alles und fühlt sich nicht nur so an, als würde es zum Film, sondern auch zur gesamten Reihe passen. Und abgesehen von der Verfolgungsjagd im Aston Martin muss Bond wie in "Quantum of Solace" immer mit dem kämpfen, was ihm gerade zur Verfügung steht. Das macht gerade die Jagd im verschneiten Österreich so interessant. Einzig vom Ende des Films hätte man vielleicht mehr erwarten können, aber es passt zu der Art, wie sich die Konfrontation zwischen Bond und dem Oberschurken generell abspielt.
Bond ist schon wieder so abgekämpft und kaputt mit tiefen psychologischen Schäden, so wie in Skyfall.
Bond hat hier eine ganze Menge persönlicher Dinge aufzuarbeiten. Aber das macht er nicht auf die kaputte, labile Art wie im letzten Film, sondern dieses Mal scheint er wirklich unberührbar. Wie oben erwähnt gibt es nur einen einzigen kurzen Moment, wo er die Kontrolle über sich verliert und in Panik gerät - für vielleicht zwei Sekunden. Von 150 Minuten Film ist das nicht viel. Den Rest der Zeit sieht man ihm an, dass er sich völlig kontrolliert und nichts an sich heran lässt. Man hat das Gefühl, dass er über alles Bescheid weiß und für jede Situation einen Ausweg hat. Und nie hat man Zweifel an ihm, so wie es im letzten Film war. Also auch für diese Behauptung ein klares Nein.

Der Subplot mit Andrew Scott und dem Drohnen-System wirkt aufgesetzt.
Das kann ich tatsächlich verstehen, dass manche so denken. Bislang war Bond immer alleine oder in Begleitung unterwegs und hat seine Mission erfüllt. Dass nun aber ständig eine Nebengeschichte erzählt wird, kann tatsächlich irritieren. Aber dazu muss ich persönlich sagen: Gerade diese Änderung am üblichen Ablauf gefällt mir. Denn sie zeigt, dass Bond kein Einzelgänger ist, sondern für einen Geheimdienst arbeitet, der nicht nur um seine Mitarbeiter kämpft und sich um sie kümmert, sondern sie auch an mehreren Fronten gegen Kritiker verteidigen muss. Und die direkte Zusammenarbeit zwischen M, Q und Moneypenny gegen Ende des Films ist für mich sogar eines der Highlights. Abgesehen davon, wer würde nicht gerne ein Psychoduell zwischen James Moriarty und Voldemort mit ansehen?
Der Film ist nicht mehr so innovativ wie sein Vorgänger und verlässt sich zu sehr auf die alten Formeln.
Dem muss ich zustimmen. Gegenfrage: Wo ist das Problem?

Fazit

Endlich! Endlich wieder ein wirklich guter James-Bond-Film! Einer, den man zur Unterhaltung gucken kann, der sich selber nicht zu ernst nimmt, der seine Vorgänger respektiert und es schafft, die Serie zeitgemäß fortzusetzen, ohne daraus gleich ein künstlerisches Eigenwerk darauf machen zu wollen. Ehrlich gesagt, ich kann immer noch nicht glauben, dass "Skyfall" und "Spectre" von den selben Leuten gemacht wurden. Ich würde sogar so weit gehen, dass ich erwogen habe, mir Thomas Newmans Filmmusik bei Amazon zu kaufen, und ihr wisst, was ich von der Familie halte... Als langjähriger Fan der Reihe hat dieser Film es wieder geschafft, mich glücklich zu machen. Mehr ist dazu nicht zu sagen.


Bewertung:
9/10 Punkte
Ich bin jetzt auch so gespannt, wie es weiter geht. Gerüchten zufolge soll Christopher Nolan als Regisseur für den nächsten Bond im Gespräch sein. Also wenn Hans Zimmer dann auch noch die Musik schreibt, führe ich einen Freundentanz auf!