Sein Abenteuer auf der fernen Insel ist beendet, doch die Sage geht weiter. Er muss sich nun der schwersten aller Prüfungen stellen, um zu beweisen, dass er die Feder genauso gut beherrscht wie die Klinge. Doch zwischenzeitlich rief ihn das Schicksal auf eine andere Insel, belagert von untoten Kreaturen und einer intriganten Handelsfamilie. Mehr darüber demnächst...

Dienstag, 22. Dezember 2009

Heathrow Airport, Terminal 5

Soweit, so gut. Das Taxi ist rechtzeitig gekommen, der Zug ist rechtzeitig gefahren, und der Bus nach Heathrow – war viel zu früh am Ziel. Jetzt sitze ich hier, kann nicht einmal mein Gepäck aufgeben bis 8.35 Uhr. Also nutzen wir die Zeit für ein paar weitere Zeilen.

Erzählen wollte ich nämlich noch vom Freitag, meinem letzten Tag. Also Nicky und ich hatten unseren letzten Tag, die übrigen würden noch mindestens einen Tag lang dort arbeiten, bevor auch sie in Urlaub gehen. Einige beneiden mich um die zwei freien Wochen, die vor mir liegen…

Es war außerdem der Tag nach der Weinachtsfeier. Die meisten meiner Kollegen rechneten nach der Feier mit einem fiesen Kater und wenig erfolgreicher Arbeit für diesen Tag, aber was mich betrifft, war es gar nicht so schlimm. Und ich hatte an diesem Abend wohl am meisten getrunken. Jedenfalls war ich der Erste, der an diesem Tag auf der Matte stand. Und das bedeutet wie immer: Ich kam nicht rein. Mein Schlüssel funktioniert nur, wenn schon jemand aufgeschlossen hat. Also musste ich auf ein hohes Tier mit einem richtigen Schlüssel warten.

Um 8.30 Uhr war niemand da. Um 8.40 Uhr auch nicht. Um 8.47 Uhr (nachdem ich herausgefunden habe, dass ich für den Preis eines Kaffees bei Café Nero genauso gut essen gehen könnte) war dann endlich Anthony da, der sich aber auch wunderte, wo denn die anderen alle blieben. Ich wunderte mich nicht… Dann die nächste Hiobsbotschaft: Die Computer liefen alle nicht. Der Wasserkocher in der Küche auch nicht. Also waren die wichtigsten Utensilien im Gebäude außer Betrieb. Und es war niemand da, der es in Ordnung bringen konnte.

Mittlerweile traf auch die restliche Belegschaft ein, bis auf Paul, Philip und Nicola – die letzten beiden leben auf dem Land, ohne Handynetz, also nicht zu erreichen, und Paul hatte die Nacht bei ihnen verbracht, also auch nicht zu erreichen. Und Paul und Philip sind die Einzigen, die sich mit dem Stromnetz im Gebäude auskennen und es in Ordnung bringen können. Wir verbrachten dann die erste Zeit damit, Fotos vom letzten Abend zu gucken (mein Laptop läuft ja bekanntlich ohne Strom aus der Steckdose). Einige gute Exemplare waren ja dabei (ach ja, die liefere ich ja auch noch nach).

9.05 Uhr trafen dann auch Chefin und Anhang ein, fünf Minuten später hatten wir endlich wieder Saft für die Computer. Die schlechte Nachricht: Danach mussten wir wieder an die Arbeit. Und dafür, dass es mein letzter Tag war, habe ich ganz schön viel an dem Tag geschafft. Zuerst war die Intranet Webseite dran – sie bekam eine Bildergalerie spendiert, damit alle was von den Fotos hatten. Antje und Nicky lieferten ihre Fotos bei mir ab, ich lud sie alle hoch. Und das alles schaffte ich in der halben Stunde, die Philip mir zugestanden hatte, bevor ich mit seiner Aufgabe anfangen sollte.

Das große Bentley-Projekt, das Philip vor geraumer Zeit angekündigt hatte, ist nun in greifbare Nähe gerückt. Die ersten Aufgaben, die ich entsprechend erhielt, waren auch eine gute Gelegenheit, mich etwas mit dem Material vertraut zu machen. Wieder einmal wurde ich gebeten, nach Veränderungen zu suchen, doch dieses Mal nach Stellen, die wir noch verändern müssen, weil das neue Modell von Bentley ein paar neue Extras besitzen wird. Die Aufgabe hatte ich am Tag zuvor schon angefangen, also war ich mehr oder weniger im Material drin.

Auf einmal wurde in der Besprechung nebenan der Ruf nach einem Helden laut, der FrameMaker beherrscht. Philip konnte irgendwie nur hilflos mit den Achseln zucken, denn alle seine Leute, die FrameMaker beherrschen, waren gerade anderweitig beschäftigt. Ich will jetzt mal so sein und behaupten, er hatte mich da mit einbezogen. Aber ich ging rüber und meldete mich freiwillig – sofern ich Philips Aufgabe vorher beenden konnte. Philip kam dann an meinen Platz, ging mit mir die Liste der Dinge durch, die ich im Bentley Handbuch finden sollte, und wir stellten fest, dass mit ein wenig Fleiß ich in einer Stunde fertig und bereit für Neues sein würde.

Ich brauchte letzten Endes nur noch eine halbe Stunde. So lief der ganze Tag für mich ab. Erst: „Kannst du das und das für mich tun?“ Dann später: „Ach ja, bist du fertig mit dem, worum ich dich gebeten habe?“ Worauf ich dann sagte: „Schon seit einer halben Stunde. Was als Nächstes? Ach, übrigens, das und das habe ich auch schon fertig.“ Irgendwie lief alles an dem Tag super.

Na, gut, alles ist übertrieben. Das Wetter hätte besser sein können. Es hatte nämlich die halbe Nacht geschneit. Und anscheinend sind die Engländer dermaßen empfindlich, was solches Wetter angeht, dass sie dazu neigen, bei zwei Zentimetern Neuschnee das halbe Land einzumotten. Busse und Züge stellen den Betrieb ein, Schulen werden geschlossen, Angestellte kriegen den Tag frei, damit sie nicht aus dem Haus müssen… außer in meiner Firma. Aber so kamen wir auch alle dazu, ein paar schöne Fotos von der Schneelandschaft außerhalb des Büros zu machen. So ziemlich jeder hatte ein Foto von der Kirche gemacht, die um die Ecke liegt. Nickys Kirchenfoto entstand mit Lucys Hilfe, als sie nämlich halb aus dem Fenster im zweiten Stock turnte. Dafür ist es auch das schönste Foto geworden und ziert jetzt den Desktop meines Arbeitscomputers.

Insgesamt habe ich an dem Tag eine Menge Arbeit für Bentley gemacht, dann noch Philips Tests für das neue E-Mail-Verteilersystem unter die Arme gegriffen und an der Webseite gebastelt. Es hat sich auch wirklich gelohnt. Nicola hat mir den letzten Lohn in diesem Jahr gegeben, sodass ich auch meine Miete für Januar schon bezahlen konnte. Und als kleine Überraschung hatte sie noch was für mich: einen großen Schoko-Nikolaus mit meinem Namen drauf. Für Antje und Hannes gab es natürlich auch welche.

Und dann hieß es Abschied nehmen. Ich blieb noch ein bisschen länger, um mich gründlich von jedem zu verabschieden und meinen beiden deutschen Kollegen einen guten Heimflug zu wünschen (was ja auch bitter nötig ist bei dem Chaos, das bei British Airways in letzter Zeit herrschte). Darauf, dass der Streik abgewendet worden war, hatten wir schon am Abend zuvor angestoßen, trotzdem konnte noch eine Menge schief gehen. Ich sitze hier in Heathrow, und ich bin immer noch nicht alle Sorgen los. Solange die Maschine nicht in Hamburg auf der Rollbahn steht, ist es noch nicht vorbei.

Also, soweit von mir. Ich denke mal, wenn ihr das lest, bin ich längst zu Hause, aber das sind die Dinge, die ich vor dem Flug noch niedertippen wollte. Es wird auch gleich Zeit, mein Gepäck aufzugeben. Und danach ziehe ich mich in eine ruhige Ecke zurück und gucke „Die Hard 2“ – es ist ja Weihnachten.

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